Bewerbungen oder: Firma sucht den Supermitarbeiter!

WollmilchsauBy Georg Mittenecker
[CC BY-SA 2.5], via Wikimedia Commons

Wer schon einmal auf Jobsuche war, kennt das, was ich hier aus eigener Erfahrung schreibe, mit Sicherheit: man schreibt 20, 50, 100 Bewerbungen – und bekommt nur Absagen, oft nichteinmal das, sondern einfach keine Reaktion. Mit einer Quote von einem Vorstellungsgespräch auf 20 Bewerbungen gehört man durchaus zu den Erfolgreichen, manchmal gibt’s erst nach 40 oder mehr Bewerbungen ein Gespräch, den Job selber aber erst nach zehn, 15, 20 Gesprächen, rechnet man das hoch, muss mit 200 plus geschriebenen Bewerbungen gerechnet werden. Soviele Jobs mit dem passenden Profilen müssen erst einmal gefunden sein, vor allem, wenn man zu der hochqualifizierten, spezialisierten „Elite“ gehört, die angeblich als Experten so gefragt sind.

Geh studieren, haben sie gesagt…

….dann ist dir ein guter Job sicher. Nunja, ganz so ist das nun nicht mehr. Dabei rede ich nicht von Massenfächern wie Rechtswissenschaften, BWL, Psychologie oder der Kategorie „im praktischen Leben unbrauchbar“ wie Archäologie, Kunstgeschichte und Alt-Philologie, sondern von durchaus spezialisierten Ausbildungen im Bereich IT, Technik oder Wirtschaft. Wobei, wer keine Berufserfahrung hat und frisch von Uni kommt, der findet sich leicht etwas. Schließlich sind die „Frischlinge“ relativ billig ohne Berufserfahrung. Aber wehe, man hat Titel und ein paar Jahre Erfahrung, am Ende noch Zusatzqualifikationen: dann ändert sich nur eines, der Absagegrund. Statt „es gibt Bewerber, die unsere Anforderungen besser erfüllen“ heisst es: „mit den Anforderungen unterfordert“, überqualifiziert, auf deutsch: zu teuer. Allem Jammern über den Fachkräftemangel zum Trotz scheint es immer noch eine Zumutung zu sein, entsprechend dem eigenen Können bezahlt werden zu wollen. Die Schule zu schmeißen, damit ja nichts überqualifiziert sein kann, ist aber nun auch nicht die Lösung.

Anforderungsprofil: „günstige eierlegende Wollmilchsau gesucht“

Beim Lesen der Stellenanzeigen komme ich regelmäßig ins Staunen, was da alles verlangt wird an Zertifikaten, Mindesterfahrung, Ausbildung, Sprachkenntnissen. Und dann steht unten ganz klein die Pflichtangabe „Mindestgehalt 2000 (plusminus) brutto, aber Bereitschaft zur Überzahlung“. Wie hoch die Bereitschaft sein wird, ist auch leicht zu berechnen – mehr als 50 Prozent des Mindestgehalts sind auf keinen Fall drin, oft sind 25 Prozent die Schmerzgrenze. Da heissts: weitersuchen, weil noch eine Absagen wegen zu teuer braucht man dann auch nicht. Und den Beteuerungen, dass die Frauenquote erhöht werden soll, lernt man auch zu misstrauen, wenn mal wieder für die Techniker-Position ein männlicher Kandidat eingestellt wurde. Den 25-jährigen Uniabsolventen mit zehn Jahren Berufserfahrung, Expertise für eh alles, der gern 50 Stunden die Woche arbeitet für weniger als 2000 Euro, den hab ich noch nicht gefunden. Aber WENN…. dann werd ich Personalvermittler und lass mir das vermitteln ebendieses SEHR teuer bezahlen, jawoll!!

Bewerbung als Castingshow: Heute habe ich leider kein Foto für dich

Ist es trotz aller Widrigkeiten über die schriftliche Bewerbung hinaus geschafft, folgt eine Castingshow an Auswahlverfahren. Ein, zwei Telefoninterviews, die man „bestehen“ muss, bevor zum persönlichen Gespräch mit den Recruitern (oder den Headhuntern) eingeladen wird, sind ja eigentlich noch ok. Dass aber dann noch ein zweites und drittes Gespräch folgen, führt mitunter dazu, dass man sich an DSDS oder Germany´s next Topmodel erinnert fühlt: die Aufgabe für diese Woche lautet…

Bei allem Verständnis dafür, dass die passenden Mitarbeiter eingestellt werden sollen, aber nach zwei Gesprächsrunden (ob jetzt am Telefon oder persönlich), sollte das doch passen, oder eben nicht? Und wenn nicht: wieso gibt´s kein Publikums-Voting, bei dem meine Bekannten und Verwandten anrufen dürfen?! Wäre doch eine schöne Ergänzung auch für Außenstehende, da mal mitspielen zu dürfen. Wo die übrigen Spielregeln für Vorstellungsgespräche doch des langen und breiten in diversen Ratgebern erläutert werden, könnte diese „Extra-Runde“ durchaus auch noch aufgenommen werden. Vitamin B einmal anders!

Wer zuletzt lacht, ist einfach unbelehrbar

In dem ganzen Porcedere nicht den Humor zu verlieren, ist oft ziemlich schwer. Vor allem, wenn sämtliche Anforderungen, wie individualisierte Anschreiben, Profi-Foto, aussagekräftiger Lebenslauf und professionelles Auftreten penibel eingehalten werden, dann aber nur standardisierte Copy&Paste-Absagen kommen oder fadenscheinige Ausreden („wurde zwischenzeitlich besetzt“ als Begründung drei Wochen nach der Bewerbung und ähnliches) in teilweise geradezu unfreundlichen Mails geliefert werden. Als Abhärtung gegen die große, böse Welt allerdings ist das Ganze unbezahlbar, und mit ein bisschen Abstand ist die unfreiwillige Komik mancher Situationen die Quelle von Anekdoten, die man noch den Enkeln erzählen wird. Und deswegen glaube ich immer noch an das Gute in den Recruitern, die meinen das nicht so, das ist nur für die Castingshow sonst nicht spektakulär genug!

Foto von Georg Mittenecker [CC BY-SA 2.5], via Wikimedia Commons

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