Keine Panik: Auch Arbeitszeit ist Lebenszeit

Wer kennt ihn noch, den Klassiker von Douglas Adams, „Per Anhalter durch die Galaxis“. Nur mit einem Handtuch bewaffnet, bereist ein von skurrilen und höchst science-fiktiven Umständen völlig überrumpelter Typ das Universum. Nach Adams hat seither kaum ein Autor ähnliche Genialität beim Parallel-Angriff auf Vernunft und Zwerchfell bewiesen.
Der allererste und wichtigste Glaubenssatz, den geneigte Leser in Adams Handbuch für intergalaktisches Hitch-Hiking finden, lautet bezeichnenderweise „Keine Panik“. Wie oft ich wohl diese beiden Worte mantra-artig vor mich hingemurmelt habe auf meinem Weg ins Abenteuer Selbständigkeit?

Sich helfen lassen

Wir steuern unser Raumschiff selbst, wir bleiben – mehr oder weniger, auf Kurs und wir sind weitaus besser gerüstet als unser Held Arthur Dent mit seinem schmuddeligen Handtuch.
„Keine Panik“ ist dennoch ein hervorragender Leitsatz für Selbständige auf ihrem Weg durch die Galaxis:

Das erschreckende Gerücht, man müsste als Selbständiger selbst und ständig arbeiten, hält sich leider hartnäckig und wird einem wieder und wieder vorgebetet.

Doch keine Panik: Nicht alles daran ist negativ  – und nicht alles daran ist wahr:

Vom Antrag auf Gründungszuschuss bis zur richtigen Steuererklärung, vom Marketing bis zum IT-Experten gibt’s es helfende Geister, Tipps und Beratung – man muss sich nur die Zeit dafür nehmen, den Überblick behalten, Prioritäten setzen und vor allem, sich auch helfen lassen!
Wer sagt, dass man alles selber und ganz allein auf sich gestellt bewältigen muss?

Mit der berühmten Salami-Taktik lassen sich auch schwierige und höchst unangenehme Dinge erledigen, Scheibchen für Scheibchen.
Wo steht geschrieben, dass man alle Ziele an einem Tag erreichen kann und soll?

Es mögen harte Zeiten bevorstehen, bei wenig Geld, Pleiten, Pech, Pannen, nicht zahlenden Kunden oder „Auftraggebern aus der Hölle“. Ein Zwischen- oder Nebenjob oder ein Kredit gleichen finanzielle Engpässe aus, kosten dabei Zeit und Kraft. Das alles wirft Urlaubsträume, geruhsame Wochenenden, gemeinsame Zeit mit dem Partner oder der Familie über den Haufen. Durchhaltevermögen, Einsatz, Flexibilität und unerschütterliche Zuversicht sind gefordert.

Dabei ist das Ziel aller Mühen kein versautes, sondern ein erfülltes Leben!

Den eigenen Lebensrhythmus finden

Darum ist es besonders wichtig, in der Selbständigkeit einen passenden Lebensrhythmus zu finden. Der sieht womöglich ganz anders aus als früher, als man einen festen Job mit Tarifvertrag und einer vertraglich geregelten Anzahl von Arbeitsstunden und Urlaubstagen hatte.

Es gibt Phasen im Leben, da tragen einen Begeisterung, Energie und Willen voran, da ist jeder Tag eine kreative Explosion, spannende Aufträge und neue Herausforderungen warten, acht, neun Stunden täglich sind viel zu kurz für all die Bäume, die es auszureißen gilt! Genau darum hat man den festen Job mit seiner Routine aufgegeben und nutzt nun die sieben Tage der Woche in Eigenregie – konsequent.

Doch dann gibt es Phasen, da läuft es weniger glatt: Familiäre Anforderungen, Krankheit, Beziehungskrisen, knifflige Aufträge, Zeitdruck, Auftragsflauten, Pannen kommen in die Quere.
Das Raumschiff des eigenen Unternehmens durch all diese intergalaktischen Turbulenzen zu steuern, erfordert Energie, Organisationstalent, oft ungewöhnliche Lösungen und Nerven wie Stahlseile.

Irgendwann muss dann schließlich auch der Tank wieder befüllt, müssen die Batterien neu aufgeladen werden. Sonst rächen sich Körper und Seele. Burn-Out droht – und das ist keine Mode-Erkrankung, sondern allzu oft bittere Realität: Wer nie irgendwo ankommt, gibt eines Tages frustriert und deprimiert das Rennen auf. Lange vorher lassen Konzentrationsfähigkeit und innerer Antrieb nach. Zuweilen ist der Arbeitswillen ungebrochen, aber das Immunsystem und die individuellen „Sollbruchstellen“ geben Alarm.

Wer nun sagen kann: Ich bin müde, ich bin urlaubsreif, und entsprechend reagiert, ist kein disziplinloses Weichei, sondern nur vernünftig. Wer das nicht kann oder will, muss hinterher mehr Zeit für „Restaurierungsarbeiten“ einkalkulieren – und auch diese Phase will dann überstanden und finanziert sein. So einfach ist das.

Bei Kräften bleiben – vernünftige Ziele setzen

Um bei der Metapher mit dem Rennen zu bleiben: Es hilft selbst über die harten Anfangszeiten hinweg, immer wieder erreichbare Ziele zu setzen, kleine und große Etappen zu definieren, für deren Erreichen eine kleine Belohnung winkt. Auch Rituale und Strukturen im Alltag machen Sinn: Der tägliche Spaziergang, das abendliche Glas Wein und das Buch in der Badewanne, ein Schwatz mit alten Freunden, Zeit für die Lieben, aber auch Abgrenzung im richtigen Moment, freie und – jawohl! – stinkfaule Wochenenden oder Urlaube halten frisch und fidel. Ist wenig Geld da, findet Erholung vorerst auf Balkonien statt. Andere, bessere Zeiten kommen, wenn aus der neuen Motivation neue Ideen, neue Chancen, entscheidende Kurskorrekturen erwachsen.

Und: Keine Panik – die Kunden laufen NICHT weg, wenn man nicht grundsätzlich 7 Tage/24 h verfügbar ist. Realistische Zeitfenster für die Erledigung eines Auftrages und verlässliche Qualität für einen angemessenen Preis halten die guten Auftraggeber bei der Stange – alles andere ist Science Fiction.

B. Langrehr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

four + four =