The Rolling Stones: die einzig wahren Götter des Rock-Olymps

Rolling Stones in Hyde Park (2013)
von Andrea Sartorati [CC-BY-2.0 oder CC-BY-2.0], via Wikimedia Commons

Tom, Mick, Keith, Bill und Charly, ich danke euch von ganzem Herzen! Dir Tom, weil wir den Trip nach London, den wir kurz nach meiner Trennung von meiner Ex-Freundin vereinbart hatten, tatsächlich durchgezogen haben. Wir haben ihn gemacht, etwa eine Woche, nachdem ein Hitzschlag mich niedergestreckt hatte, der mich sehr viel mehr hätte kosten können, als ein paar Stunden meines Lebens. Ich hatte diesen Urlaub bitter nötig und durfte ihn mit meinem mittlerweile ältesten und einem meiner besten Freunde verbringen. Und dem Rest von euch, weil ihr diesen Wochenendtrip zu einem absolut unvergesslichen Highlight meines Lebens gemacht habt. Ihr habt das ganz sicher nicht absichtlich gemacht. Trotzdem vielen Dank.

Tom und ich sind nicht mit mehr als einem groben Plan und sehr viel Intuition durch London getrottelt, so wie wir es früher auch gemacht haben. Früher, das ist die Zeit kurz nach dem Abi, das wir beide geschafft hatten, obwohl wir naturwissenschaftliche Vollpfosten waren. Wir haben uns genauso, nennen wir es mal Spirit of 92, durch London treiben lassen. Euch haben wir nur zufällig entdeckt, weil ich mir die Chance nicht entgehen lassen wollte, mich an Speaker´s Corner wichtig zu machen.

Wichtig machen konnte ich mich nicht, dafür haben wir erfahren, dass ihr der heutige Hauptact beim Summer in Britain im Hyde Park seid. Für uns war klar: Da werden wir sein, auch wenn ich mit sehr gemischten Erwartungen hingegangen bin. Ich kenne euch live und von zig Live-Aufnahmen und wusste nicht, was mich erwartet: Eine Band, die zum 50jährigen Bühnenjubiläum lieblos ihr gewohntes Repertoire runternudelt oder eine Band, die geil darauf ist, die Herzen des Publikums zu erobern.

Nach den ersten Riffs von dir, Keith, und nach der ersten Zeile von dir, Mick, war es mir klar. Ihr habt „Start me up“ noch nie mit einer dermaßen unterschwelligen Spannung, wenn nicht gar Aggressivität gespielt, wie bei diesem Act. Schon nach wenigen Akkorden wusste ich, ihr wollt zum 50jährigen Bühnenjubiläum einfach beweisen, dass ihr jeden anderen Act auf der Bühne lässig und locker an die Wand klatschen könnt. Das könnt ihr zweifellos, wie ihr auch mit der zweiten Nummer, „It´s only Rock´n´Roll“ gezeigt habt. Hey Baby, es ist nur Rock´n´Roll, aber genau das ist unser Leben. Genau das ist das Niveau, auf das ich mein Leben zurückbringen will… ich mache, was ich will, habe meinen Spaß daran, und wem das nicht passt, der soll sich in seinen Arsch, ins Knie oder sonst wohin ficken, nicht mein Problem.

Ich musste euch bei dieser Show, die ich übrigens als das gelungenste Stones-Konzert aller Zeiten empfand, nicht gesehen haben, um zu wissen, was ihr auf der Bühne abgezogen habt. Es war aber vielleicht auch ganz gut, dass ich euch nicht gesehen habe. Ich konnte mich auf die Musik und die Reaktionen des Publikums inklusive meiner eigenen konzentrieren. Und habe vielleicht erst dadurch verstanden, was euch so einzigartig macht. Denn jeder von euch ist in seinem Part gut bis herausragend, aber eben nicht mehr.

Bill und Charlie, ihr geht im Rampenlicht zwar meist unter. Welchen wichtigen Part ihr aber als Sidekicks spielt, wird vor allem bei extrem rockigen Nummern wie Paint it Black und den vielen Nummern, deren Titel ich mir nie gemerkt – oder die ich längst vergessen habe – klar. Ihr treibt von hinten her an, bestimmt Ton und Speed der Nummer. Und, was wohl noch viel wichtiger ist: Ihr greift damit die Egos von Keith und vor allem Mick an. Sie müssen auf die hohe Vorlage einfach noch eins draufsetzen. Sei es ein genialer Riff, ein Solo oder ein Posing, bei dem selbst Dave Lee Roth vor Neid erblassen würde.

Selbst die Nummern, die ich aus euerem Repertoire eher als Standards einschätzen würde, etwa „Doom and Glome“ oder „Beast of Burden“, habt ihr mit einer Lässigkeit rübergebracht, die beneidenswert ist.
Natürlich durften auch Nummern wie Honky Tonk Woman nicht fehlen, bei welchen vor allem Mick und Keith ihre großen Momente hatten. Wie Miss You, das durchaus als Reminiszenz an Brian Jones gesehen werden durfte. Denn das erste Hyde-Park-Konzert der Stones fand fast auf den Tag genau vor 44 Jahren statt, zwei Tage, nachdem Brian Jones im Swimmingpool ertrunken war.

Und natürlich durften Sympathy for the Devil, Jumping Jack Flash und Satisfaction – in einer neunminütigen Version – als Rausschmeisser nicht fehlen. Nummern, bei welchen ihr alle eure Stärken ausspielen konntet. Ihr habt es gemacht und ich danke euch dafür. Ich bin mir sicher, dass ich euch nicht mehr live hören werde, aber dieses Konzert bleibt ein Höhepunkt in meinem Leben. Ich danke euch dafür.

Harry Sochor

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Ein Gedanke zu „The Rolling Stones: die einzig wahren Götter des Rock-Olymps“

  1. keef the riff – oder wie alexis corner so treffend meinte, „der weltbeste schlechte gitarrist!“
    (ich hab’s nur bis zum schlechtesten schlechten geschafft)

    hab ein paar peinlichkeiten von ihm gehört und gesehen – never mind – hat er alles mehr als wettgemacht – beggars banquet, sticky fingers, exile on mainstreet … und, und und … stones and keith forever

    sein feeling und sein rhythm sind unerreicht – er darf sich technische reduktion leisten – da können viele virtuosen einpacken:

    was wäre meine welt ohne die stones!?

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